Wissenschaftliche Studien zum Thema Würde haben gezeigt, dass Menschen in der Interaktion mit dem Gesundheitssystem mit einigen oder allen nachstehenden Faktoren in Berührung kommen können. Erfahren Sie hier mehr darüber, wie Sie mit den einzelnen Aspekten umgehen und das Würdegefühl Ihrer Patientinnen und Patienten stärken können.

Krankheitsbezogene Aspekte: Körperliche Belastung

Erklärung:

  • Krankheitsbedingte Schmerzen oder Beschwerden

Spezifische Fragen:

  • Wie geht es Ihnen?
  • Können wir etwas tun, damit Sie sich besser fühlen?

Interventionen:

  • Baseline-Erhebung und häufige fortlaufende Messungen der körperlichen und psychischen Symptome durchführen
  • Symptome aufmerksam behandeln
  • Bei der Pflege auf das Wohlbefinden der Patienten achten

Krankheitsbezogene Aspekte: Psychische Belastung

Erklärung:

  • Angst, Beklommenheit, Unruhe, Medizinische Ungewissheit

Spezifische Frage:

  • Wie gehen Sie mit der Situation um?
  • Gibt es irgendetwas über Ihre Erkrankung, was Sie gerne wissen möchten?
  • Haben Sie alle Informationen, die Sie brauchen?
  • Gibt es irgendetwas über die späteren Stadien Ihrer Erkrankung, worüber Sie sprechen möchten?

Interventionen:

  • Baseline-Erhebung und häufige fortlaufende Messungen der körperlichen und psychischen Symptome durchführen.
  • Zeigen Sie, dass Sie für die Patientin/den Patienten da sind und sie/ihn unterstützen.
  • Hören Sie einfühlsam zu.
  • Verweisen Sie auf Beratungsangebote.
  • Informieren Sie über Therapieoptionen oder den zu erwartenden Krankheitsverlauf.
  • Geben Sie auf Wunsch genauere, verständliche Informationen und bieten Sie Strategien zum Umgang mit möglichen Krisen an.

Krankheitsbezogene Aspekte: Kognitive Verfassung

Erklärung:

Fähigkeit zum klaren Denken, Argumentieren, Erinnern

Spezifische Frage:

  • Fällt es Ihnen schwer, einen klaren Gedanken zu fassen?

Interventionen:

  • Baseline-Erhebung und fortlaufende Messungen der kognitiven Funktion durchführen
  • Delirium erkennen und behandeln
  • Nach Möglichkeit sedierende Medikamente vermeiden

Krankheitsbezogene Aspekte: Funktionelle Kapazität

Erklärung:

  • Fähigkeit zur Ausführung von Aufgaben des täglichen Lebens

Spezifische Frage:

  • Wie gut können Sie (noch) für sich selbst sorgen?

Interventionen:

  • Baseline-Erhebung und fortlaufende Messungen der Fähigkeit zum Verrichten von Tätigkeiten durchführen
  • Ggf. auf Ergo- und Physiotherapieangebote verweisen
  • Hilfsmittel zur Erhaltung der Selbständigkeit bereitstellen (z. B. Rollator, Toilettenstuhl)
  • Patienten in Entscheidungen über ihre geplante Versorgung einbinden, sofern sie dies wünschen

Würdebewahrende Perspektiven: Selbstkontinuität

Erklärung:

  • Überzeugung, dass die Essenz der eigenen Persönlichkeit trotz der Erkrankung noch intakt ist

Spezifische Frage:

  • Gibt es Bereiche, die von der Krankheit unberührt bleiben?

Interventionen:

  • Sprechen Sie mit der Person über Aspekte ihres Lebens, die von der Erkrankung nicht beeinträchtigt sind.
  • Erfahren Sie mehr über das bisherige Leben der Person; legen Sie dabei besonders auf die Dinge wert, die den Patienten am wichtigsten sind.
  • Betrachten und behandeln Sie die Patientin/den Patienten als einen Menschen, der Ehre, Respekt und Wertschätzung verdient.

Würdebewahrende Perspektiven: Aufrechterhaltung von Rollen

Erklärung:

  • Fähigkeit der Person, ihre gewohnten Rollen einzunehmen

Spezifische Frage:

  • Was waren für Sie vor der Erkrankung die wichtigsten Dinge, die Sie gemacht haben?

Interventionen:

  • Erfahren Sie mehr über das bisherige Leben der Patientin/des Patienten und die Rollen, die sie/ihm besonders wichtig sind.
  • Fördern Sie die Ausübung dieser Rollen in dem Rahmen, in dem es die Krankheit zulässt.
  • Erkennen und behandeln Sie die Person als jemanden, der Ehre, Respekt und Wertschätzung verdient.

Würdebewahrende Perspektiven: Bewahrung von Stolz

Erklärung:

  • Fähigkeit, trotz schwindender Selbständigkeit ein gutes Selbstwertgefühl und Selbstachtung aufrechtzuerhalten

Spezifische Frage:

  • Worauf sind Sie für sich selbst oder in Ihrem Leben besonders stolz?

Interventionen:

  • Sprechen Sie mit der Person über die Dinge in ihrem Leben, auf die sie immer noch stolz ist.
  • Erkennen und behandeln Sie die Person als jemanden, der Ehre, Respekt und Wertschätzung verdient.
  • Achten Sie im Umgang mit dem Patienten auf professionelles Auftreten.

Würdebewahrende Perspektiven: Hoffnung

Erklärung:

  • Überzeugung, dass die Aktivitäten und Ereignisse des Lebens trotz der gegenwärtigen Situation immer noch möglich und lebenswert sind

Spezifische Frage:

  • Was ist noch möglich?

Interventionen:

  • Sprechen Sie mit der Person über die Dinge, die trotz der Krankheit und der damit verbundenen Einschränkungen immer noch möglich sind.
  • Ermutigen Sie die Person, ihre Ziele und Erwartungen neu zu definieren.
  • Ermutigen und befähigen Sie die Person, an Aktivitäten teilzunehmen, die ihr etwas bedeuten.

Würdebewahrende Perspektiven: Autonomie/Kontrolle

Erklärung:

Gefühl der Selbständigkeit und Kontrolle über das eigene Leben – trotz der funktionellen Einschränkungen

Spezifische Frage:

  • Was können Sie Ihres Erachtens nach noch selbstständig kontrollieren?

Interventionen:

  • Prüfen Sie das von der Person wahrgenommene Maß an Kontrolle. Beziehen Sie Patienten in Pflege-, Therapie- und Planungsentscheidungen ein, soweit sie dies wünschen. Bieten Sie Wahlmöglichkeiten an, sofern machbar.

Würdebewahrende Perspektiven: Generativität/Vermächtnis

Erklärung:

  • Der tröstliche Gedanke, dass etwas Wertvolles hinterlassen wird, das den Tod überdauert

Spezifische Frage:

  • Wie haben Sie mit Ihrem Leben Andere bereichert oder positiv beeinflussen können?

Interventionen:

  • Unterstützen Sie Patienten bei der Rückschau auf ihr Leben; unterstützen Sie sie auch bei anderen Konzepten, die dazu dienen, dass die Person Erinnerungen, die ihr viel bedeuten, mit anderen teilen kann (z. B. durch Ton-/Videoaufzeichnungen, Briefe und Tagebücher).
  • Bieten Sie die Würdezentrierte Therapie an.

Würdebewahrende Perspektiven: Akzeptanz

Erklärung:

  • Den unausweichlichen Verlauf der Krankheit akzeptieren, um seine Kräfte auf sinn- und bedeutungsvolle Aktivitäten konzentrieren zu können

Spezifische Frage:

  • Inwieweit sind Sie mit der Situation im Frieden?

Interventionen:

  • Ergründen Sie, welchen Einfluss die Krankheit auf den Patienten hat.
  • Würdigen Sie die Dynamik des Umgangs mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung.
  • Bestärken Sie die Person in ihrer Haltung.
  • Ermutigen Sie sie, etwas für ihr Wohlbefinden zu tun (z. B. meditieren, leichte Gymnastik, Musik hören, beten).

Würdebewahrende Perspektiven: Resilienz/Kampfgeist

Erklärung:

  • Widerstandskraft gegen die seelischen Belastungen durch die Erkrankung

Spezifische Frage:

  • Welcher Teil von Ihnen ist jetzt besonders stark?

Interventionen:

  • Bestärken Sie die Person in ihrer Haltung.
  • Ermutigen Sie sie, etwas für ihr Wohlbefinden zu tun (z. B. Meditieren, leichte Gymnastik, Musik hören, Beten).

Würdebewahrendes Handeln: Leben im Hier und Jetzt

Erklärung:

  • Sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, statt sich um die Zukunft zu sorgen

Spezifische Frage:

  • Gibt es etwas, das Sie von der Krankheit ablenkt und Sie beruhigt?

Interventionen:

  • Unterstützen Sie die Patientin/den Patienten in ihren/seinen Bemühungen, normale Routinen zu leben oder wohltuende Ablenkungen zu suchen (z. B. kurze Ausflüge, leichte Gymnastik, Musik hören).
  • Setzen Sie ruhig Humor ein, wenn es angebracht ist, und sprechen Sie über Themen, die nichts mit der Krankheit zu tun haben.

Würdebewahrendes Handeln: Erhalt von Normalität

Erklärung:

  • Bewahren eines gewissen Maßes an Normalität beim Bewältigen der krankheitsbedingten Schwierigkeiten

Spezifische Frage:

  • Gibt es Dinge, die Sie immer noch regelmäßig und gern tun?

Interventionen:

  • Unterstützen Sie die Patientin/den Patienten in ihren/seinen Bemühungen, normale Routinen zu leben oder wohltuende Ablenkungen zu suchen (z. B. kurze Ausflüge, leichte Gymnastik, Musik hören).
  • Unterstützen und stärken Sie die Selbständigkeit der Patientin/des Patienten mithilfe geeigneter Ressourcen und Hilfsmittel und durch entsprechendes Personal.

Würdebewahrendes Handeln: Streben nach spirituellem Wohlbefinden

Erklärung:

  • In einem spirituellen Glaubenssystem Trost und Halt finden; hierzu gehören Rituale und Praktiken einer institutionalisierten Religion, aber auch das Streben nach Einklang mit der Natur und/oder mit einer bestimmten schöpferischen Lebenskraft

Spezifische Frage:

  • Gibt es da eine religiöse oder spirituelle Gemeinschaft, der Sie angehören bzw. gerne angehören möchten?

Interventionen:

  • Finden Sie behutsam heraus, wie die Person ihre Spiritualität am besten ausleben kann
  • Respektieren Sie individuelle Glaubenssysteme
  • Ermöglichen Sie es der Person, an besonderen spirituellen bzw. kulturellen Handlungen teilzunehmen
  • Ziehen Sie die Seelsorgende hinzu, die der Person wichtig sind

Inventar Sozialer Würde: Privatsphäre

Erklärung:

  • Eingriff in die Privatsphäre im Rahmen der Versorgung der/des betroffenen Patientin/Patienten

Spezifische Fragen:

  • Was ist Ihnen in Bezug auf Ihre Privatsphäre wichtig?
  • Was können wir tun, um Ihre Privatsphäre besser zu schützen?

Interventionen:

  • Achten Sie auf das Bedürfnis nach Privatsphäre
  • Fragen Sie die Patientin/den Patienten um Erlaubnis, eine Untersuchung durchzuführen
  • Decken Sie alles so ab, dass die Privatsphäre geschützt und gewahrt wird
  • Klopfen Sie an, bevor Sie in das Zimmer des Patienten eintreten

Inventar Sozialer Würde: Soziale Unterstützung

Erklärung:

Vorhandensein eines unterstützenden Netzwerks

Spezifische Fragen:

  • Wer sind die Menschen, die Ihnen am wichtigsten sind?
  • Wer ist Ihr engster Vertrauter?

Interventionen:

  • Finden Sie heraus, von welchen Menschen sich die Patientin/der Patient wertvolle emotionale und praktische Unterstützung erhoffen würde
  • Sprechen Sie sich dafür aus, dass ein breites soziales Netzwerk einbezogen wird
  • Ermöglichen Sie flexible Besuchszeiten und Übernachtungsmöglichkeiten für Begleitpersonen

Inventar Sozialer Würde: Grundhaltung gegenüber den Patientinnen und Patienten

Erklärung:

  • Haltungen und Verhalten der Personen, die mit den Patienten in Interaktion treten

Spezifische Frage:

  • Haben Sie das Gefühl, dass Sie durch die Art und Weise, wie Sie behandelt werden, in Ihrem Würdeempfinden irgendwie verletzt werden?

Interventionen:

  • Behandeln Sie die Person als jemanden, der Ehre, Respekt und Wertschätzung verdient.
  • Respektieren Sie die Person in ihrer Individualität.
  • Sprechen Sie mit der Patientin/dem Patienten über eventuelle Aspekte ihrer/seiner Versorgung, die sie/er als würdeverletzend empfindet.
  • Machen Sie sich bewusst, wie Sie selbst auf die Person reagieren, insbesondere in Bezug auf die sich verändernde äußere Erscheinung.
  • Lernen und praktizieren Sie das ABCD der Würde in der Patientenversorgung.

Inventar Sozialer Würde: Anderen eine Last sein

Erklärung:

  • Angst davor, anderen durch die Pflegesituation eine Last zu sein oder zu werden

Spezifische Frage:

  • Haben Sie Angst, anderen zur Last zu fallen? Falls ja, wem und in welcher Hinsicht?

Interventionen:

  • Thematisieren und besprechen Sie diese potentielle Angst mit den Patientinnen und den Patienten und ihren Pflegepersonen.
  • Regen Sie an, dass die Patientinnen und Patienten dieses Thema gegenüber den Menschen, bei denen sie fürchten, ihnen zur Last zu fallen, explizit ansprechen.

Inventar Sozialer Würde: Sorgen um die Zeit nach dem Tod

Erklärung:

Sorge um die Schwierigkeiten, die auf die Angehörigen der Person zukommen, wenn der Tod schließlich eingetreten ist (z. B. Planung der Bestattung, rechtliche und finanzielle Angelegenheiten, Betreuung minderjähriger Kinder)

Spezifische Frage:

Worum sorgen Sie sich in Bezug auf die Menschen, die Sie zurücklassen werden, am meisten?

Interventionen:

  • Ermutigen Sie die Patientinnen und Patienten, sich diese Sorgen bewusst zu machen.
  • Helfen Sie der Person, einen Plan für die dringendsten Dinge aufzustellen (z. B. Regelung offener Angelegenheiten, Verfassen einer Verfügung oder eines Testaments, Planung der Bestattung).